„Wie viele arme Menschen bringt der Wahnsinn des Krieges hervor! Wo immer wir unseren Blick hinwenden, sehen wir, wie die Gewalt die Wehrlosen und Schwächsten trifft. Millionen von Frauen, Kindern und älteren Menschen sind gezwungen, sich der Gefahr der Bomben auszusetzen, nur um sich in Sicherheit zu bringen und als Flüchtlinge in Nachbarländern Zuflucht zu suchen. Diejenigen, die in den Konfliktgebieten bleiben, leben jeden Tag in Angst und ohne Nahrung, Wasser, medizinische Versorgung und vor allem ohne ihre Lieben. In dieser Lage bleibt die Vernunft auf der Strecke, und die Leidtragenden sind viele einfache Menschen, die zu den ohnehin schon zahlreichen Notleidenden hinzukommen. Wie können wir so vielen Menschen in Ungewissheit und Unsicherheit eine angemessene Antwort geben, um Erleichterung und Frieden zu bringen?“
Papst Franziskus
Auf diese Beobachtung gibt Papst Franziskus eine Antwort mit zwei satten Worten: Solidarität und Nächstenliebe. Dabei zitiert Franziskus am Welttag für Armut Paulus aus 2. Korinter 8,9.
Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: Obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, auf dass ihr durch seine Armut reich würdet.
2 Kor 8,9
Paulus wendet sich der Gemeinde in Korinth zu und erinnert sie an den Reichtum, den die Gläubigen in Korinth durch die Christus erfahren haben. Er ist der Auffassung, dass wir alle in Christus im Ãœberfluss reich sind im geistlichen Sinne. Aber dieser Reichtum hat auch Auswirkungen auf das alltägliche Leben im Konkreten. Weil wir die Liebe Gottes erfahren haben, ist unser “Wollen” bereits durch die erlebte Liebe darauf ausgerichtet, dem Nächsten mit unserem Ãœberfluss zu beschenken und damit einem Mitmenschen Leben zu ermöglichen, der aus sich selbst heraus dazu nicht im Stande wäre. Beim “Wollen”, so Paulus, sollte es aber nicht bleiben und fordert die Gemeinde Gottes dazu auf, das Wollen auch zu vollenden, es also auch in die Tat umzusetzen. Solidarität, Beistand und Nächstenliebe verwirklicht sich also überall dort, wo das “Wollen” und das “Tun” zusammenkommen und wir miteinander teilen.
Die Begegnung mit dem Armen erdet uns gewissermaßen. Sie macht uns aufmerksam auf das. was wir möglicherweise im Ãœberfluss haben, der eine mehr, der andere weniger. Ich finde es unfassbar anstrengend der Armut in dieser Welt zu begegnen. Es ist eine schier unlösbare Mammutaufgabe und dennoch bin ich froh darum, dass wir derzeit einen Papst erleben, der nicht müde wird die Botschaft des Evangeliums so praktisch und konkret auf die Weltwirklichkeit zu beziehen. Wir wollen alle nicht gerne kritisiert werden und doch muss ich mich täglich an die eigene Nase fassen und anerkennen, dass auch mein Verhalten und meine Lebensweise mit dazu beiträgt, dass Armut als System verankert bleibt. Denn die Ursachen der Armut sind Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Gewalt und ungerechte Ressourcenverteilung, die mitunter durch unsere „Wegwerfgesellschaft” befeuert wird. Der Kapitalismus unserer Zeit scheint uns gewissermaßen eine Art Konsumbefriedigung aufzuzwingen. Aber macht uns das wirklich glücklich? Franziskus hat dazu eine klare Haltung.
„Die Begegnung mit den Armen ermöglicht es, viele Ängste und substanzlose Befürchtungen zu überwinden und zu dem vorzustoßen, was im Leben wirklich zählt und was uns niemand wegnehmen kann: die wahre und unentgeltliche Liebe. Die Armen sind in der Tat, noch bevor sie Empfänger unserer Almosen sind, Individuen, die uns helfen, uns von den Fesseln der Rastlosigkeit und der Oberflächlichkeit zu befreien.”
– Papst Franziskus
Das finde ich einen Interessanten Gedanken. Könnte es tatsächlich sein, dass die Armut, wenn ich ihr begegne und ihre Nähe zulasse und mein Herz öffne für den Menschen, der mir gegenüber auf dem kalten Boden vor dem Lebensmittelmarkt sitzt, letztendlich mich befreit von den Fesseln meiner Oberflächlichkeit und der angeblichen Getriebenheit des Alltags? Ein spannender Perspektivwechsel.
Ich wünsche euch eine gute und gesegnete Woche und vielleicht hilft euch dieser Gedanke dabei, Armut im Alltag mit anderen Augen zu begegnen.