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KW 33 – Herzentüren

Herzentüren

‌Wer kennt sie nicht? Die große Anzeigetafel am Bahnhof und im Flughafen, an denen man sich orientieren kann, wann der Zug oder der Flieger startet und ankommt. Da liegt doch immer eine gewisse Spannung in der Luft, eine freudige Erwartung, bei denen wir sehnlichst einen Menschen erwarten. Gemeinsam mit anderen Wartenden steht man dann am Empfang mit Blumen oder einem Schild in der Hand. Und sobald das Gate aufgeht, kann man fleißige Augen dabei beobachten, wie sie Ausschau nach dem lang ersehnten Gast halten. Freudestrahlend öffnen sich dann die vom Warten müde gewordenen Augenlieder. Paare, Familien, Freunde liegen sich in den Armen und oftmals spielt sich das ganze Spektakel ohne Freudentränen nicht ab.

‌Ich werde erwartet

‌Gibt es ein schöneres Gefühl im Leben? Was vertieft eine Beziehung mehr als die Gewissheit, dass da jemand ist, der sich auf mich freut, jemand der glücklich darüber ist, mich zu sehen. Darin liegt Schönheit, wenn sich beide Seiten auf den Weg machen, um sich zu sehen und in den Armen zu liegen. Darin liegt Gewissheit: “Hier bin ich richtig, wir gehören zusammen, wir brauchen einander.”

‌Freudig erwartet zu werden hinterlässt zwischenmenschlichen Beziehungen ein tieferes nachhaltiges Gefühl. Es ist eine wichtige existenzielle Erfahrung einer Verbindung zwischen zwei Menschen.

‌Ich persönlich zehre von diesen Momenten, es ist eine unglaubliche Kraftquelle, die einen auch durch schwere Zeiten hindurch trägt. Wenn ich spät am Abend nach Hause komme und meine Frau mich in den Arm nimmt, sich über mich freut und sagt: “Ich habe auf dich gewartet, wie schön, dass du da bis.” Oder mein Hund, der schon mit seinem Lieblings-Kuscheltier im Mund und wedelnden Schwanz an der Tür steht und nur auf den Moment wartet, an mir hochzuspringen und mich zu begrüßen – als wäre ich eine Ewigkeit weg gewesen.

‌Auch in Gemeinde ist das immer wieder ein schöner und so wichtiger Moment. Wenn man sich jede Woche wieder mit einem Grinsen im Gesicht begegnet und sich herzlich umarmt. Oder wenn da jemand ist, dem die Sorgen der letzten Woche auffallen und ein fürsorglicher und behutsamer Blick alles aussagt, was man braucht. Dann fühle ich mich gesehen und weiß, dass ich gewollt bin.

‌Es gibt aber auch die andere Seite der Medaille. Es kann eine tiefe Kränkung sein, wenn man das alles nicht erlebt, oder die Umstände im Leben, das Gefühl und den Blick dafür blockieren. Das kann ganz schön krank machen. Ein Heilungsprozess braucht dann umso mehr Begegnung und echte, ehrliche Gemeinschaft und Beziehung.

‌Gott begegnet dem Volk Israel

‌Und wie ist das wenn Gott fern bleibt? Wenn ich immer und immer wieder die Erfahrung mache, dass Gott zu meinen Problemen schweigt? Ja, das kennt auch das Volk Israel. Diese krankende Stille und das Schweigen Gottes.

‌Nachdem der Prophet Maleachi um 450 v. Chr. der letzte war, durch den Gott zum Volk gesprochen hat, war es etwa 500 Jahre lang Totenstille. Die Rede ist von der Zeit zwischen den Testamenten – der Lücke zwischen den Prophetenbüchern und den Evangelien im Neuen Testament. Die Menschen warteten sozusagen betend am himmlischen Gate auf Gottes Sohn, dem Retter, dem Knecht Gottes, dem versprochenen Menschensohn und die Zeichen, die sein Kommen ankündigen würden, wie die Schrift, die auf den Flughafenpanelen die Landung eines Flugzeuges ankündigen.

‌Und dann, nach langem Schweigen, spricht eine Stimme aus der Wüste. Johannes der Täufer kündigt das Kommen Gottes an. Das Warten hat auch irgendwann ein Ende. Dann war er da, der allmächtige Heilige Gott zum Anfassen, ja zum Greifen, zum Begreifen nah. Jesus Christus kommt als Menschensohn in diese Welt.

‌Aber in Ihm geschieht auf einmal etwas Unerwartetes. Die Menschen denen Jesus begegnet, begreifen auf einmal, dass nicht nur sie auf Gott warteten, sondern Gott sich auch sehnlichst nach ihnen gesehnt hat. Das wird vor allem in der wunderbaren Szene beim Letzten Abendmahl sichtbar.

15 Und er sprach zu ihnen: Mich hat herzlich verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen, ehe ich leide.” – ‌​Lukas 22,15 LU

‌Was für ein Glück, was für eine Schönheit liegt darin: Da sind zwei, die sich einander sehnlichst erwarten. Die Menschen und Gott. Und Jesus sagt uns auch heute noch, wie sehr er sich nach uns sehnt, denn dafür ist er am Kreuz gestorben und hat uns aus lauter Gnade zu sich gezogen. Seine Tat ist eine Art Liebesbrief an uns:

‌„Du bist mein Wertvollster Schatz, dich habe ich nie aus den Augen verloren, bei mir bist du angesehen und mit höchster Würde ausgestattet. Du bist wertvoll und geliebt in meinen Augen. Dich habe ich erwählt und gerettet. Genauso wie du, habe ich so sehnsüchtig warten müssen auf diesen Tag. Ich will eine echte Beziehung zu dir ganz persönlich und öffne dir mein Herz. Und ich warte geduldig darauf, dass du auch deine Herzenstür für mich öffnest”

‌Ich glaube, dieses tiefe Glück einer innigen Beziehung zu Gott, setzt immer auch die Bereitschaft voraus, das wir unser Herz für Gott aufschließen. Beziehung braucht ein Ja von beiden Seiten. Und du darfst mit Gewissheit glauben, dass Gott sein uneingeschränktes Ja bereits unverbrüchlich gegeben hat. Er will dir begegnen, jeden Tag. In der Stille und im Trubel des Alltags. Und auch wir feiern dieses unzerbrüchliche Ja Gottes als Gemeinde immer dann, wenn wir Abendmahl miteinander feiern.

‌Eine Freundin erzählte mit von einem Bild, welches im Wohnzimmer ihrer Großeltern hing. Da ist Jesus zu sehen der bereits einen langen Weg zurückgelegt hat bevor er an eine Tür anklopft. Doch die Tür hat von außen keinen Türdrücker. Jesus drängt sich dir niemals auf. Er verschafft sich nicht heimlich Zugang zu deiner Herzenstür oder bricht mit Gewalt ein. Sondern er wartet geduldig darauf, dass du die Tür von innen öffnest.

Ich wünsche euch eine gute Woche und Gottes überreichen Segen, liebe Grüße

‌Christian